JaDe-Preis 2015 an Prof. Dr. Uwe Czarnetzki

Mit dem JaDe-Preis 2015 wird Herr Professor Dr. Uwe Czarnetzki ausgezeichnet.

Professor Czarnetzki gehört der Fakultät für Physik und Astronomie der Ruhr-Universität Bochum an und hat den Lehrstuhl für Plasma- und Atomphysik inne. Die bedeutenden wissenschaftlichen Leistungen des Ausgezeichneten in seinem Arbeitsbereich wurden u.a. 2010 von der European Physical Society (EPS) durch Verleihung des Plasma Physics Innovation Prize anerkannt.

Die JaDe-Stiftung würdigt mit dem JaDe-Preis insbesondere Professor Czarnetzkis langjährige und intensive wissenschaftliche Zusammenarbeit mit japanischen Experten in seinem Forschungsfeld. Postdoc-Stipendien führten ihn an die Kyushu Universität nach Fukuoka. Später folgten Kooperationen mit anderen Universitäten wie der Nihon und Keio Universität in Tokyo, der Nagoya Universität, der Osaka Universität und dem National Institute for Fusion Science in Toki. Seine Betreuung zahlreicher Studierender, Doktoranden und Postdocs aus Japan, sowie die Forschungskooperation mit renommierten Kollegen vor Ort in Japan und in Deutschland sind eindrucksvoll.

Darüber hinaus ist Professor Czarnetzki Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft der JSPS-Stipendiaten. Bei dem JSPS-Club handelt es sich um die weltweit erste Alumni-Vereinigung dieser bedeutenden japanischen Fördereinrichtung. Als langjähriger Vorsitzender hat Professor Czarnetzki maßgeblich zu diesem Erfolg beigetragen. Er ist zudem im Bereich japanisch-deutscher Wissenschaftsbeziehungen auf landes- und bundesministerieller Ebene beratend und organisierend tätig.

Mit den zahlreichen, nachhaltig wirksamen Beiträgen zum deutsch-japanischen Wissenschaftsaustausch hat sich Professor Czarnetzki beispielhaft über sein engeres Fachgebiet hinaus um die deutsch-japanischen Beziehungen verdient gemacht.

Danksagung des JaDe-Preisträgers 2015 Prof. Dr. Uwe Czarnetzki

Sehr geehrter Herr Generalkonsul Shimazaki,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Wolter,
sehr verehrte Frau Direktorin Kiyota,
sehr geehrter Vorstandsvorsitzender Professor Pascha,
sehr geehrter Herr Dr. Bildhauer (lieber Stefan),
sehr geehrter Herr Kurator Görgen,
sehr geehrter Herr Rektor Prof. Weiler,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ihnen allen und vor allem der JaDe-Stiftung möchte ich für die Verleihung des diesjährigen JaDe-Preises und die festliche Ausrichtung dieses Ereignisses von Herzen danken. Danken möchte ich natürlich auch jenen Kräften und Personen die still und bescheiden im Verborgenen wirkend diesen Vorschlag sicherlich mit viel Mühe und Sorgfalt in der Vorbereitung bei der Stiftung eingereicht haben. Nicht zuletzt geht mein Dank aber auch an all diejenigen, die letztendlich dazu beigetragen haben, dass es heute überhaupt zu dieser Preisverleihung kommen konnte.

Zwar haben heute meine Hände dieser Preis entgegengenommen – und ich möchte Sie nicht mit der Koketterie langweilen, ihn doch gar nicht wirklich verdient zu haben – doch kann dies in meinem Selbstverständnis und auch nach objektiver Lage der Dinge nur stellvertretend für all die großartigen Menschen, Kollegen und Freunde geschehen sein, die das Werk, welches mit dem Preis geehrt wird, durch ihren Enthusiasmus, ihre Kreativität und ihre Tatkraft tatsächlich geschaffen haben.

Glücklich macht mich ohne Frage dieser Preis, doch noch größeres Glück ist es, solchen Menschen begegnet zu sein und mit Ihnen einige der schönsten Abschnitte des Weges durchs Leben gemeinsam beschritten zu haben. Sie alle aufzuzählen wäre angebracht, doch vermutlich für Sie auch etwas ermüdend und für mich die Gefahr bergend, am Ende dennoch jemanden vergessen zu haben. Überdies ist in den vielfältigen Grußworten und der freundlichen Laudatio ja eigentlich schon alles gesagt worden – nur noch nicht von allen! – um ein Bonmot Karl Valentins zu benutzen.

Dennoch erlauben Sie mir, in einigen Ausnahmen expliziter zu werden: Mein Mentor und akademischer Lehrer Prof. Frieder Döbele ist zweifelsohne der Initiator des ersten Kapitels der hier vor uns liegenden Japan-Geschichte. Für die erfolgreiche Fortschreibung trägt dann ganz wesentlich mein erster Gastgeber und späterer Freund Prof. Katzunori Muraoka Verantwortung. An herausragender Stelle der Erzählung stehen aber die Humboldt-Stiftung, der DAAD und vor allem die Japan Society for the Promotion of Science, insbesondere die beiden Direktoren des Bonn-Office, Prof. Eiichi Arai und Prof. Yasuo Tanaka! Ohne sie wären die Gründung der Deutschen Gesellschaft der JSPS-Stipendiaten, kurz JSPS-Club, und deren erfolgreiche Weiterentwicklung nicht möglich gewesen. Wesentlichen Anteil hatten daran natürlich auch die wunderbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bonn-Office. Und dann war da diese kleine aber zu allem entschlossene Gruppe junger Japanbegeisterter, die vor zwanzig Jahren den JSPS-Club gegründet hat – unter Ihnen nicht zuletzt Dr. Stefan Bildhauer und der jetzige und langjährige Vorsitzende Prof. Heinrich Menkhaus. Wenn wir heute hier feiern, dann feiern wir nicht zuletzt auch das vielfältige Engagement des Clubs und seiner Mitglieder. Nicht ganz unpassend in einem runden Jubiläumsjahr, in dem der Club auf eine große zwanzigjährige Erfolgsgeschichte zurückblickt, denke ich.

Der zweite Band der hier ausgebreiteten Japan-Geschichte war vor allem dem fachwissenschaftlichen Austausch in der Plasmaphysik gewidmet und hier wird die Liste der zu dankenden Personen und Institutionen eher noch länger. Bei aller an dieser Stelle zwingend notwendigen Pauschalität des Dankes seien aber vor allem das MIWF-NRW, an dem bei aller Variabilität der politischen Entwicklung Frau Munsel eine bemerkenswerte Konstante echter Japanophilie darstellt, JETRO und DJW in Düsseldorf, die DFG, das Japonicum in Bochum und zahllose Kollegen und Freunde in Japan und Deutschland genannt. Meine eigene Universität, die Ruhr-Universität Bochum, hat dieses Engagement immer nach Kräften unterstützt und gefördert und damit über die Jahre eine kaum noch rekonstruierbare Zahl von Workshops, Seminaren, Kooperationen und wechselseitigen Besuchen ermöglicht. An herausragender Stelle sind dabei ein Abkommen über Austausch und Kooperation mit der Nagoya University und eine Partnerschaft mit der Osaka University zu nennen. Mein Dank gilt natürlich in besonderer Weise auch den japanischen Universitäten, der Fukuoka-, Nagoya-, Osaka-, Kyoto-, und Tokyo-University, der Keio-University in Yokohama und dem National Institute for Fusion Science in Toki sowie den dort tätigen Kollegen und Freunden.

Nun sind wir endgültig am Kern der Sache, nämlich in Japan, angekommen und damit wäre es eigentlich zwingend notwendig, tief ins Detail hinab zu tauchen. Jedoch ich fürchte, inzwischen mit jeder weiteren Aussprache des Wortes „Danke“ bei Ihnen gewisse Symptome der Erschöpfung hervorzurufen. So möchte ich die verbleibenden Minuten nutzen, über das zu reflektieren, was uns wirklich nicht nur heute und hier vereint, Japaner und Deutsche zusammenbringt. Gemeinsam mit Ihnen möchte ich einigen Gedanken nachgehen, die sich auf die Grundlagen des wissenschaftlichen und kulturellen Austausches richten. Dabei setzte ich voraus, dass wir uns einig sind in der Einschätzung, dass wissenschaftlicher Austausch auch immer Teil des kulturellen Austausches ist. Zugegebener Maßen fehlt mir zur Adressierung dieser Frage als Physiker die notwendige Fachkompetenz. Als Experimentalphysiker habe ich mir daher erlaubt, ein kleines Experiment mitzubringen, das meinen eigenen ungelenken Argumenten mit der strahlenden Überzeugungskraft der Natur Nachdruck verleihen soll. Dies sind ganz offensichtlich zwei Magnete, besonders schöne und glänzend polierte Magnete zwar, doch eigentlich nichts Besonderes. Wir wollen aber sehen, was uns diese über den wissenschaftlichen Austausch sagen können.

Zunächst einmal hängen sie auf ganz natürliche Weise nur sehr schwer trennbar aneinander. Natürlich vorausgesetzt, man lässt sie wirklich frei agieren, d.h. es werden ihnen keine Hindernisse in den Weg legt. Dann muss man nur noch etwas Nähe schaffen, danach geht es ganz von selbst. Es gibt diese natürliche Affinität, doch echte Attraktivität entsteht erst aus der Existenz unterschiedlicher Pole, also einer echten Komplementarität. Exakte Gleichheit auf beiden Seiten führt eher zur Abstoßung. Es werden Partner gesucht, die ergänzen und nicht nur die eigene Kompetenz reproduzieren. Betrachten wir dieses Paar, so kommt es recht elegant daher und erscheint uns als Verbindung zweier starker Monolithen. Jedoch, schauen wir genauer hin, so erkennen wir, dass jedes Teil zusammengesetzt ist aus einer Vielzahl einzelner Elementarmagneten auf atomarer Skala, ja, sogar noch tief darunter wenn wir genauer in die elektronische und hadronische Struktur blicken.

Auf der Skala des Menschen wird gerne nur das Große gesehen, doch tatsächlich ergibt sich das eitle Augenfällige erst durch das stille Wirken vieler kleiner elementarer Konstituten. Diese verbinden sich, kooperieren, und verstärken damit die Wirkung ins Wahrnehmbare. Jedes Teil für sich ist schwach, anfällig für Störungen, die Verbindungen zum Nachbarn sind nicht immer perfekt, aber man arrangiert sich in seiner lokalen Umgebung. Diese ist bestimmt durch das unmittelbare Umfeld aber auch das große Ganze. Über gewisse beschränkte Domänen werden einheitliche Verbünde geschaffen, gibt es eine mesoskopische Selbstordnung, obwohl die gemeinsame Wirkung mancher benachbarter Domänen sich eher als destruktiv denn als konstruktiv erweisen kann. Dennoch, in der Summe entsteht aus all diesen kleinen und kleinsten Beiträgen in all ihrer Unvollkommenheit ein starkes Ganzes, denn die Wirkungen addieren sich am Ende, verstärken sich und organisieren sich selbst, wenn ihnen nur die Gelegenheit geboten wird. Das dabei global entstehende Feld ordnet weitere Bereiche, stabilisiert und motiviert weitere Partner in dieser faszinierenden Struktur. Durch die Verbindung beider Magnete steigt auch das lokale Feld, die Ordnung kann zunehmen und die Verbindung wird weiter gefestigt. Beide Seiten gewinnen. So funktioniert das!

Doch eine Warnung sei ausgesprochen: Harte Schläge oder Überhitzung des Verbundes zerstören die lokale Kohärenz, die Konstituenten verlieren ihren Bezug zum Nachbarn und damit wird schließlich auch das makroskopische Feld geschwächt, was wiederum die Teile noch anfälliger für Störungen macht. Am Ende zerfällt alles, die Verbindung zerbricht und es bedarf vieler Mühen und hoher Energie den einstmals so geschätzten und bewunderten Zustand wieder herzustellen. Vielleicht orientiert sich dabei aber nach der Trennung auch jeder Partner der in eine ganz andere Richtung, hin zu anderen Partnern oder schlimmer, nur auf sich selbst. Geschlossene Flussschleifen ohne Ankopplung an die Umgebung sind bei Magneten durchaus möglich. Große Behutsamkeit ist daher angebracht, wenn man mit Magneten umgeht.

Starke Partner brauchen ein geeignetes Umfeld, um ihre Stärke zu behalten und miteinander weiter zu verstärken. Der natürliche Wille zu einer Verbindung ist immer vorhanden, doch es gilt die Voraussetzungen zu schaffen und zu bewahren, in dem diese Verbindungen frei entwickeln können. Unsere Länder, Japan und Deutschland haben dies ohne Frage erkannt. Auch die Wissenschaftler wissen dies – auf jeden Fall die Physiker. Lassen Sie uns also in diesem Sinne gemeinsam an diesem Zusammenhalt arbeiten!

Damit möchte ich schließen, aber nicht ohne am Ende auch noch meiner Familie für ihre immer verständnisvolle Unterstützung zu danken und auch Ihnen allen nochmals meinen herzlichen Dank auszusprechen: Für die Verleihung des JaDe-Preises, für Ihr Kommen am heutigen Tage und für die freundliche Geduld, mit der Sie meiner kleinen Ansprache klaglos gefolgt sind.